Objektrektion – die Perspektiven des Objekts

Um dem Suchenden die (grammatisch) möglichen Verwendungsweisen zu verdeutlichen, haben wir den Begriff Objektrektion geprägt, der verschiedene Perspektiven auf Verben zu einer zusammenfaßt. Da Verben ein Tun ausdrücken (Zustands- und Vorgangsverben hier ausgenommen), also eine Aktivität beschreiben, richten sie sich in den meisten Fällen auf ein Objekt. Was mit dem Objekt passiert, ob es verändert wird, ob ihm etwas zukommt etc., ist Angelegenheit der Semantik, nicht der Syntax, und kann auch nicht grammatisch abgebildet werden. Das Verständnis hierzu erschließt sich nur über ein Studium von Bedeutungsangaben.

Daneben gibt es auch Verben, die kein Objekt benötigen, um Sinn zu ergeben. Zu nennen sind hier beispielsweise Verben der Bewegung. Sie benötigen kein Objekt, können aber durch eine Präpositionalphrase bzw. ein Adverbial genauer bestimmt werden.

Nachfolgend soll unsere Einteilung beschrieben werden, die sicherlich auch für den Laien gut nachvollziehbar ist.

Transitive Verben

Transitive Verben stehen mit dem Akkusativ. Eine Verwendung transitiver Verben ohne Akkusativobjekt ist in der Regel sinnlos (außer bei beispielsweise kurzen Antworten auf Fragen etc.) und daher grammatisch falsch.

Die Besonderheit transitiver Verben besteht darin, daß sie als einzige (bis auf wenige Ausnahmen) ein Passiv bilden können. Das Passiv ist eine Verbform, bei der das das eigentliche Objekt (Patiens) einer Aktivität zum Subjekt eines Satzes wird (Leideform), der Urheber (Agens) aber nicht genannt werden muß. Das Passiv wird somit auch oft verwendet, wenn man den Urheber nicht nennen will oder darf.

Nichttransitive Verben können bis auf vereinzelte Ausnahmen in besonderen Verwendungsweisen kein Passiv ausbilden. Ausnahmen sind das unpersönliche Passiv (arbeiten => es wird gearbeitet) sowie pathetische Passive mit verstärkenden Akkusativobjekten (gehen => der Weg wird gegangen) und ähnliche Verwendungsweisen.

Vorgangspassiv und Zustandspassiv

Beim Passiv geben wir übrigens nur Vorgangspassiva an. Manche Grammatiken unterscheiden zwischen Vorgangs- und Zustandspassiven (Der Spieler wurde vom Ball getroffen. vs. Der Spieler ist vom Ball getroffen.). Wir verzichten auf derlei Spitzfindigkeiten, da diese Unterscheidung grammatisch nicht haltbar ist. Ist beim „Vorgangspassiv“, also dem eigentlichen Passiv, das Subjekt Patiens des Satzes, so handelt es sich beim sogenannten „Zustandspassiv“ beim Subjekt um das Agens. Zweitens bilden echte Passiva ihre Formen mit Hilfsverben (werden und sein) und dem Partizip II und demgemäß Prädikate aus Zusammensetzungen, während das Verb „sein“ beim „Zustandspassiv“ als Vollverb fungiert und somit auch keiner Ergänzung als Prädikat bedarf. Im Klartext, weder syntaktisch in bezug auf die Prädikatsanalyse noch in bezug auf die semantische Rolle des Subjekts ist das Zustandspassiv eine linguistisch haltbare Analyse. Vielmehr ist es in bezug auf beides nichts anderes als ein Aktivsatz mit prädikativem Adjektiv.

Intransitive Verben

Intransitive Verben sind alle nachfolgend nicht genannten Verben, die nicht transitiv sind. In der Regel verlangen intransitive Verben ein Objekt im Dativ, oft aber auch ein Präpositionalobjekt. Verben ohne Objekte (siehe oben) sind aber ebenso den intransitiven Verben zuzuordnen, befinden sich gegenüber bi- und multivalenten Verben aber in der absoluten Unterzahl.

Ältere Verben verlangen zum Teil noch ein oder können zumindest mit Genitivobjekt gebildet werden. Das Genitivobjekt ist jedoch vom Aussterben bedroht und überlebt oft nur noch in gehobener oder pathetischer Sprache. In der Alltagssprache tritt an seine Stelle meist eine Umschreibung. Im Wörterbuch geben wir für Verben an, ob sie mit Genitivobjekt stehen können, eine weitere Konsequenz ergibt sich nicht.

Absolute Verben

Absolute Verben sind intransitive Verben, die ohne Objekt stehen (monovalente Verben). Es handelt sich also um eine Untergruppe der intransitiven Verben.

Eine Untergruppe der absoluten Verben bilden wiederum die impersonalen Verben. Diese haben keinerlei Valenz. Subjekte stehen bei ihnen nur aus syntaktischen Gründen.

Intransitive Verben, die ein Objekt erfordern, die also einer Ergänzung bedürfen, um Sinn zu ergeben und grammatisch zu sein, können, ebenso wie transitive Verben (siehe oben), grammatisch in besonderen Fällen auch ohne Objekt stehen, nämlich dann, wenn das Objekt aus dem Kontext der Sprechsituation hervorgeht. Der Sinn des Verbs ändert sich dadurch nicht.

Allerdings gibt es auch Verben, bei denen die Ergänzung frei ist. Man kann in einer genaueren Spezifizierung Zigaretten oder Zigarren rauchen (transitiv), oder man kann (viel, wenig, gar nicht) rauchen (intransitiv bzw. hier ein absolutes Verb). Sofern sich der Sinnnur geringfügig ändert, listen wir nur einen Eintrag, der absolute Gebrauch wird nicht gesondert vermerkt. In Ausnahmefällen ändert sich aber der Sinn gravierender (Ich koche das Wasser. vs. Ich koche vor Wut.) Wo dies der Fall ist, listen wir zwei Einträge zum Verb.

Reflexive Verben

„Echte“ reflexive Verben

Reflexive Verben sind Verben, die auf das Subjekt (Agens) selbst gerichtet sind und die nicht sinnvoll auf ein anderes Objekt gerichtet werden können. Ich kann mich schämen, aber ich kann nicht andere schämen (allenfalls beschämen). Reflexive Verben verlangen stets ein Reflexivpronomen, das grammatisch die Objektposition ausfüllt. Das Reflexivpronomen steht entweder im Akkusativ (ich schäme mich) oder im Dativ (ich nehme mir vor).

„Unechte“ reflexive Verben

Unechte reflexive Verben sind gemäß einigen Grammatiken Verben, die sowohl „reflexiv“ als auch transitiv gebraucht werden können. „Ich wasche mich“,„ich ziehe mich an“ etc. sind demnach zwar „unechte“, aber scheinbar doch irgendwie Reflexivverben, so wie Modeschmuck in Form von Diamantimitaten der Form nach auch Diamanten sind.

Verben imitieren aber nichts, sondern beschreiben Tätigkeiten des Subjekts. Kurz: Wenn sie unecht sind, dann gibt es unechte Reflexivverben überhaupt nicht. Was es nicht gibt, wäre sinnlos in Form von Einträgen in einem Wörterbuch zu vermerken.

Teilreflexive Verben

Teilreflexive Verben sind Verben, die in einer reflexiven und einer nichtreflexiven Form existieren, wobei die Diathesen jeweils eine andere Bedeutung haben. Ich kann mich ärgern, aber auch andere. Ich kann mich entschuldigen, aber auch andere.

An dieser Stelle soll nicht danach gefragt werden, ob es tatsächlich Sinn ergibt, wenn ich mich selbst ärgere oder entschuldige. Die Sprachgemeinschaft faßt das als richtig auf, und zwar in einem anderem als dem wörtlichen Sinn. Allerdings verzeichnen wir teilreflexive Verben auch nicht, da die Formen nun doch sehr ähnlich den nichtreflexiven Verbformen sind und das Wörterbuch nicht überladen werden soll. Sollten Suchende aber eine Unterscheidung wünschen, kann sie ergänzt werden. Ihr Feedback ist daher willkommen.

Reziproke Verben

Ich kann dich umarmen, und sie können sich umarmen. Das ist nicht dasselbe. Wenn ich ein Dich umarme, ist der Fall klar. Die Aktivität geht von dem Ich aus und richtet sich auf das Du. Wenn sie aber sich umarmen, handelt es sich zunächst um mehr als ein Agens, nämlich mindestens zwei. Zweitens kommt hinzu, daß das Objekt bzw. die Objekte völlig unklar sind. Umarmt Person A sich selbst, und tut Person B dasselbe? Oder umarmt Person A Person B, während Person B dasselbe mit Person A tut, umarmen sie also einander? Wäre der Satz so formuliert (sie umarmen einander), wäre die Sache klar.

Diese Art Verben wird als reziprok beschrieben, also als wechselseitige Verben. Da die Formen mit Reflexivpronomen (sich) nicht von reflexiven Verben abweichen, haben wir reziproke Verben nicht besonders vermerkt. Wir denken, der Suchende kommt auch so mit den Einträgen zurecht und wird erkennen, daß es zumeist wenig Sinn ergibt, wenn sie nicht einander, sondern jeder sich selbst umarmt.

Verben mit Präpositionalobjekt

Verben mit Präpositionalobjekt sind multivalente Verben, die als obligatorische Ergänzung eines Präpositionalobjektes bedürfen (ich warte auf dich). Ein Präpositionalobjekt kann als Präpositionalphrase, Gliedsatz, Infinitiv mit „zu“ oder als Pronominaladverb (Ersetzungen von Präpositionalphrasen) auftreten.

Zu erfragen ist das Präpositionalobjekt mit einer Präposition, es muß aber vom Adverbial unterschieden werden (ich warte vergebens; ich warte seit zwei Tagen).

Der Einfachheit halber haben wir auch diese Verben nicht genauer spezifiziert, sondern pauschal den absoluten Verben zugeordnet. Das ist nach eigener Definition nicht korrekt, jedoch pragmatisch.

Für die Zukunft ist denkbar, diese Verben zusammen mit möglichen oder obligatorischen Präpositionen (ich freue mich auf => zukünftig; ich freue mich über => gegenwärtig) gesondert zu listen.